Jubel hinter den Kulissen: „Wir haben‘s!“

Gelungene Premiere bringt nicht nur die Schüler zum Strahlen

Von Linda Braunschweig
Ibbenbüren · Freitag, 01.03.2024
Freitag, 22.53 Uhr, hinter den Kulissen im Bürgerhaus: Während das Orchester die letzten Takte spielt und die Großmütigkeit des Bassa Selim (Johann Krüer) Osmin (Adrian Holle) verärgert, fallen sich hinter dem schwarzen Vorhang die ersten Schülerinnen in die Arme. „Wir haben‘s!“ Als kurz darauf der Jubel im Publikum losbricht, gibt es auch hinter der Bühne kein Halten mehr. Strahlende Gesichter. Premiere gelungen. Fast vier Stunden Anspannung fallen ab.

Die ist während des Stücks allerdings selten wirklich spürbar. Hektik kommt nicht auf. Nur vor den großen Szenen, wenn die 39 Kinder des Juniorchores, die Janitscharen, zusammen mit dem Schulchor raus müssen, haben Hannes Holle und Phil Hartmann etwas mehr zu tun. Die beiden Schüler übernehmen die Inspizienz, sorgen dafür, dass alle pünktlich auf der Bühne stehen. Hannes sieht man an diesem Abend deshalb nicht ohne sein Handy und einen dicken Stapel Zettel, auf denen er den Ablauf verfolgt. Immer wieder trabt er die Treppen zwischen Garderobe und Bühne rauf und runter. Sind unten alle bereit, die gleich dran sind? Suchen muss er an diesem Abend nur ab und zu jemanden und dann gerne seinen Zwillingsbruder, Adrian, der als Osmin mit seiner tiefen Stimme begeistert, aber im ersten Akt nicht da ist, wo Hannes ihn vermutet hatte. 

Rasch gibt es Entwarnung, Adrian ist rechtzeitig auf der Bühne. Dafür, dass auch alle Requisiten dort landen, wenn sie es sollen, sorgen Charlotte Beckers und Nusin Ana Bozkurt. Sind Portemonnaie, Pass und Schlaftrunk für den ersten Akt zur Hand? „Wir haben alles.“

Bis zur letzten Minute liefen zuvor noch Proben. Uwe Berkemer, künstlerischer Leiter des 2. Ibbenbürener Opernfestivals, ist dabei wie der Fels in der Brandung. Um 19 Uhr sagt er: „Wir müssen aufhören“ und wünscht allen eine gute Aufführung. Da ist das Foyer schon gut gefüllt, Minuten später öffnen sich die Türen zum Saal, das Publikum strebt zu seinen Plätzen. In den Gängen hinter der Bühne herrscht jetzt Stille, in den Garderoben gibt es Gespräche und Gelächter.

Die Nervosität halte sich in Grenzen, sagt Jule Moß (Blondchen). Die Generalprobe sei nicht schlecht gelaufen. Kurz vor Beginn nimmt Regisseur Marcus Grolle auf einem Stuhl hinter dem linken Bühneneingang Platz. „Ich liebe das kurz bevor es los geht.“ Später wird er auch beim Bühnenumbau helfen, hier und da Anweisungen geben, vor allem sei er nun aber dazu da, den Schülern „das Gefühl zu geben, dass sie es schaffen“. Denn die hätten wirklich eine Hausnummer vor sich, mit schweren Gesangsparts und „einer Tonne Text“. Tatsächlich wird es später ganz wenige Texthänger geben, das Publikum merkt sie vielleicht nicht, aber hinter der Bühne sind sie natürlich ein Thema.

19.43 Uhr, die Begrüßungen sind vorbei, Henrik Heidrich (Belmonte), Helge Weimann (Pedrillo) und Adrian sind die ersten auf der Bühne. Im Stockdunkeln warten sie, dass sich der Vorhang öffnet. Es geht los. Pia Freese und ihre Mitschülerinnen haben derweil alle Hände voll zu tun, die Janitscharen zu beschäftigen und sie gegen 20.15 Uhr mucksmäuschenstill hinter die Bühne zu führen. Wie aus dem Nichts steht auch der Schulchor parat. Dann geht es raus. Nicht mal eine Minute dauert dieses erste große Bild mit allen. Dann geht‘s für die Janitscharen mit ihren rot geschminkten Gesichtern wieder ins angrenzende Goethe-Gymnasium, Spiele spielen bis zum nächsten Auftritt. Hannes Holle ist zufrieden, die erste echte Hürde im Ablauf ist genommen. Der erste Akt ist vorbei. Hinter dem Vorhang wird die Kulisse umgebaut. Eigentlich sollte das nur fünf Minuten dauern, aber das Publikum nimmt‘s als Pause und so wartet das Ensemble bis alle wieder sitzen. Nico Wellmeier vom Bühnenbau-Team drückt den Knopf für den Vorhang. Zweiter Akt. Hinter der Bühne läuft alles wie am Schnürchen. Ab und zu tanzen Schüler zur Musik. Dann das Finale. Die Applaus-Folge haben sie nicht geübt, aber das gelingt auch so. Zum Feiern allerdings ist jetzt keine Zeit. Uwe Berkemer scheucht seine Schützlinge nach Hause. Stimme schonen für die nächsten Aufführungen.

„Das ist wirklich eine Hausnummer, sie müssen sich eine Tonne Text merken.“

Regisseur Marcus Grolle

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