Ein Pastor als Fluchthelfer

Mit dem Pastor Klemens Niermann befasste sich der Geschichtskurs der Klasse 9 des Johannes-Kepler-Gymnasiums im Rahmen des Projektes „Geschichte vor Ort“. Im Fokus stand dabei eine Fluchthilfe aus der DDR, bei der Niermann 1977 verhaftet wurde.

Von Redaktion IVZ
Ibbenbüren · Mittwoch, 03.05.2023

Geschichte vor Ort 2023

Im Rahmen des Projektes „Geschichte vor Ort“ fand ein Projekttag mit einem Geschichtskurs der 9. Klasse des Johannes-Kepler-Gymnasiums in der Stadtbücherei Ibbenbüren statt. In der Fortbildungsreihe „Geschichte vor Ort“ sollen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Bildungspartnern Bausteine für eine aktiv gestaltete Erinnerungskultur in Ibbenbüren und Umgebung erarbeitet werden. Neben dem Bildungspartner NRW und der Stadtbibliothek Ibbenbüren sind Lehrkräfte aus verschiedenen Ibbenbürener Schulen und lokale Experten an diesem Langzeitprojekt beteiligt.

Die Schüler des Johannes-Kepler-Gymnasiums haben sich gemeinsam mit ihrer Lehrerin Brigitte Bösing in der Schule mit dem Thema Deutsch-Deutsche Geschichte beschäftigt. Der Wahlpflichtbereich bietet in der Mittelstufe eine gute Möglichkeit, mit interessierten Schülerinnen und Schülern diesen Teil der deutschen Geschichte zu erforschen. Das Projekt „Geschichte vor Ort“ bot einen passenden Anlass, sich auch lokalgeschichtlich mit diesem Thema zu beschäftigen. Im Fokus dieses Projektes steht der ehemalige Ibbenbürener Pastor Klemens Niermann, nach dem in Ibbenbüren auch ein Platz benannt wurde. Niermann wurde 1977 bei dem Versuch, eine Frau aus der DDR im Kofferraum seines Wagens in die BRD zu schleusen, von der Stasi festgenommen.

Zu Beginn des forschend-entwickelnd angelegten Unterrichtsprojektes beschäftigte sich der Geschichtskurs mit der Biografie Klemens Niermanns. Die Schülerinnen und Schüler sammelten Fragen, die sich aus der Verurteilung von Klemens Niermann ergaben, zum Beispiel interessierte sich eine Schülerin dafür, wie die Stasi auf den Ibbenbürener Pfarrer aufmerksam wurde und wie es ihm in der Untersuchungshaft ergangen ist. An dem Projekttag sollte versucht werden, diese Fragen durch die Auswertung von Aktenauszügen des Stasi-Unterlagen-Archivs zu beantworten.

In drei Gruppen hatten die Schüler die Möglichkeit, verschiedene Stasi-Akten zu untersuchen und auszuwerten und somit an Originalquellen zu forschen - eine Arbeit, die der von Historikern sehr nahekommt. In der vertieften Auseinandersetzung mit dem Quellenmaterial arbeiteten die Schüler unter anderem aus den Stasi-Beobachtungsprotokollen die Hintergründe der versuchten Fluchthilfe heraus. Persönliche Aktennotizen von Klemens Niermann ergaben ein Bild von den Haftbedingungen.

Der arbeitsintensive Projekttag hat ein umfangreiches Bild über Klemens Niermann als Fluchthelfer ergeben. Die Arbeitsergebnisse werden im laufenden Schuljahr von den Schülerinnen und Schülern für eine Präsentation aufgearbeitet, die auf dem 10. Bildungspartnerkongress am 28. September in Essen der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. „Es freut mich, dass die Arbeit der Schülerinnen und Schüler so eine Wertschätzung erfährt“, freut sich die Lehrerin Brigitte Bösing für ihren Geschichtskurs.